
Der Wettkampf zwischen unserer Zweiten und der dritten Mannschaft des ältesten noch bestehenden Kölner Schachvereins, dem KSK Dr. Lasker 1861 e.V., sah beide Teams fast in Bestbesetzung. Während bei uns das zweite Brett wieder vertreten werden musste, traten unsere Gäste mit den gesetzten Spieler der ersten sieben Bretter an und brachten an Brett acht einen eifrigen Punktesammler mit. Zu den mehr als 260 Jahre Tradition der beiden Vereine gesellte sich die spannende Situation, dass der Sieger des Duells beste Karten im Rennen um den Aufstieg haben sollte. Die Konkurrenz blieb, wie bei Schachfreunden beste Sitte, auf den 64 Feldern. Der Umgang neben den Brettern war ausgesprochen angenehm und freundschaftlich. Hierfür unser Dank an alle Spieler unserer Schachfreunde von Lasker Köln!
Abwechslungsreich gestaltete sich die Wahl der Eröffnungen. Christian Heckötter verteidigte sich an Brett 1 gegen Christian Loeschcke französisch. Die Pirc-Verteidigung wurde am zweiten Brett bei Andreas Dreiocker (Weiß) gegen Sven Kröger und am fünften Brett bei Frank Lobbes (Schwarz) gegen Ralf Ledbetter gespielt. An den Brettern drei und sieben verteidigten sich die Lasker-Spieler Bosic Pericic (gegen Stefan Gutt) und Eckart Janknecht (gegen Thomas Kremer) mit geschlossenen Sizilianern. Wolfgang Preiß bekam es an Brett 4 mit dem starken Rene Hüllen und einem Damengambit zu tun und an Brett 6 spielten Wolfgang Krug und Martin Simon von Lasker Englisch.

Das achte Brett hatte unser Mannschaftsführer Christian Eberl heute Andreas Winckler überlassen, der gegen Hans Joachim Plitzner seine bevorzugte Eröffnung 1.b4, den Sokolskij-Angriff, auspackte. Zum Unglück für Hans Joachim ist die Geschichte dieser Partie damit schon fast erzählt. Der Schwarzspieler schoss einen kapitalen Bock, wie man ihn sonst nur aus Blitzpartien kennt, und verlor nach vier Zügen einen Turm. Die sofortige Aufgabe brachte Andreas den Punkt, von dem er nicht wusste, „ob ich mich darüber wirklich freuen kann“.
Die Eröffnungen wurden an sechs Brettern ziemlich sicher gespielt. Allein Wolfgang Krug verrechnete sich übel bei einer Angriffsvariante und konnte einen geopferten Offizier nicht wie geplant zurückgewinnen. Das konnte gegen Martin Simon, der in den vorangegangenen sechs Runden fünfmal gewonnen hatte, nicht gut ausgehen.
Nach 14 Zügen und einer theoretischen Diskussion, die komplett im Remisbereich lag, einigten sich die gesundheitlich angeschlagenen Ralf Ledbetter und Frank Lobbes auf eine Punkteteilung. An besseren Tagen wäre die Partie bestimmt eine der längsten geworden.
An den beiden Spitzenbrettern konnten Christian und Andreas beinahe simultan mit vorteilhaften Abwicklungen in schwierige Endspiele mit einem Mehrbauern abwickeln. Wolfgang an Brett vier konnte, nachdem er den Zentrums-Isolani von Rene Hüllen lange bearbeitet hatte, auch in ein chancenreiches Endspiel mit einem Bauernplus einlenken. Bei Stefan stand es noch ungefähr ausgeglichen, es drohte ihm aber eine Bauernwalze am Königsflügel, weshalb Boris Pericic das Remisangebot ablehnte. Thomas an Brett sieben kam irgendwie nicht weiter, und ich hatte das Gefühl, dass er den Zugriff auf die Partie langsam verlor. Wolfgang Krugs Durchhalten in verlorener Stellung war natürlich eine moralische Unterstützung für die Mannschaft, die Hoffnung auf einen halben oder gar ganzen Punkt blieb jedoch ein schwach leuchtendes Kerzchen.
Mit fortschreitender Zeit und sich anbahnender Zeitnot an manchen Brettern drohte der Mannschaftskampf zu kippen. Trotz Mehrbauern an den Brettern eins, zwei und vier roch es an den drei Brettern immer strenger nach Remis. Dazu wurde am dritten Brett der Druck gegen Stefans Königsflügel immer unangenehmer. Dann musste Thomas an Brett sieben seine Dame für einen Turm und einen Springer geben und kämpfte darum, die Stellung wenigstens geschlossen und damit verteidigungsfähig zu halten. Wolfgang Krug konnte den Offizier für den Preis von drei nicht aufzuhaltenden Bauern zurückerobern und gab den Widerstand nach bewundernswertem Durchhalten schließlich auf.
Als Stefan nach dreieinhalb Stunden etwas Angriffsdruck durch Bauerntausch mildern konnte, kam es überraschend am ersten Brett zum Friedensschluss. Christian konnte verhindern, dass sich das vormals vorteilhafte Endspiel noch zur Katastrophe entwickelt. Wolfgang Preiß hatte mittlerweile am vierten Brett zwar den Mehrbauern halten können, doch es waren nur noch ungleichfarbige Läufer auf dem Brett. Verlieren konnte er nach Augenschein nicht mehr, also versuchte er noch das Unwahrscheinliche. Kurios die Stellung bei Andreas am zweiten Brett mit einem Bauern mehr: Seine vier Bauern waren allesamt Isolanis. Da mehr nicht möglich ist, stellen wir die Einstellung des Weltrekords fest!
Es sah alles danach aus, dass die Entscheidung, ob wir noch ein Mannschaftsremis erreichen, an unserem Brett zwei hängt. Thomas Kremer konnte nicht verhindern, dass die weiße Dame in seine Abwehr eindrang mit seinen schwarzen Bauern „all you can eat“ spielt. Weiterer Widerstand war nicht möglich. Stefan hatte so viel abtauschen können, dass er und Boris Pericic sich mit jeweils Dame und Turm gegenüber standen, wobei der starke Lasker-Spieler noch immer Druck ausübte. Wie trügerisch, wie dramatisch, wie überraschend die 64 Felder, die eine eigene Welt bedeuten, immer wieder sein können – es waren nicht einmal fünf Minuten, in denen alles davon das Duell der Traditionsvereine beendete.
Beinahe gleichzeitig ergab sich, dass weder Andreas an zwei noch Wolfgang an vier ihre so chancenreiche Endspiele gewinnen konnten. Aber unser Ehrenmitglied Stefan Gutt hatte mit seinem Turm die offene f-Linie erobern können und drang über den vernachlässigten Damenflügel mit seiner Dame auf die zweite Reihe der weißen Verteidigung ein. Mit nur noch acht Sekunden auf der Uhr wiederholte er einmal die Züge.
Nach überstandener Zeitkontrolle war es dann nur noch ein Zug, der Boris vor die Wahl stellte, Matt zu gehen oder die Dame gegen Stefans Turm zu tauschen, um das Ergebnis ein paar Züge hinaus zu zögern. Seine faire Gratulation beendete den Wettkampf, der unter dem Strich ein Unentschieden sah.
Nun Ehre, wem Ehre gebührt: Lieber Stefan Gutt, Deine Zeit als – mit großer Zuneigung – betitelter Remiskönig ist offiziell beendet. Deine drei Siege aus den letzten vier Mannschaftskämpfen haben riesigen Anteil daran, dass wir am Aufstiegsplatz schnuppern dürfen!
Vielleicht hilft dieses Ergebnis vor allem Rodenkirchen und Porz, den direkten Mitbewerbern um den Aufstieg, mehr als Lasker oder uns. Rodenkirchen und Lasker führen mit 10 Punkten die Tabelle an, unsere Zweite und Porz stehen mit 9 Punkten dahinter. Das Restprogramm der Aufstiegsaspiranten, unsere Zweite inbegriffen, lässt alle Optionen, alle Konstellationen komplett offen.
Wir wünschen unseren Freunden von Lasker das Beste für die letzten beiden Spieltage. Mit einem verschmitzten Lächeln: Uns auch!