40. Offene Stadtmeisterschaft, Runde 4
Andreas Kuhn (1921)- Oswald Gutt (1871)
Partieanalyse von Oswald Gutt, Vorsitzender der BSF
Nach gutem Start mit 2,5 Punkten aus drei Runden erwartete mich in der vierten Runde Andreas Kuhn von der SG Niederkassel, wo ich auch passives Mitglied bin.
1. d4 {Bereits eine Überraschung, eher hatte ich Englisch oderReti erwartet.} Nf6 2. c4 g6 3. g3 d5 4. cxd5 Nxd5 5. Bg2 Bg7 6. e4 Nb6 7. Ne2 O-O 8. Nbc3 Na6 ({üblich ist} 8… Nc6) 9. O-O c6 ({kein Fehler aber doch recht passiv. Eher angebracht war es, im „Grünfeld-Sinn“} 9… c5 10. d5 Bg4 h3 Bd7 12. Bg5 h6 13. Bf4 Rc8 {zu spielen.})
10. b3 {Ein guter Zug, der dem Schwarzen das Feld c4 verwehrt.} Nc7 11. Bf4 (11. Be3) 11… Ne6 ({Eine naive Reaktion auf den letzten weißen Zug, angemessen war} 11… a5 12. Be3 Qd6) 12. Be3 {Weiß hat ein wichtiges Tempo gewonnen, denn der Springer hat nun auf e6 nichts mehr zu suchen.} Nc7 13. Rc1 {Die Eröffnungsphase ist abgeschlossen, und Weiß steht klar besser. Seine Figuren sind harmonisch platziert, während der Nachziehende keinen vernünftigen Plan findet. In meiner Not beschloss ich, Beton anzurühren, doch hier bewährt sich die alte Weisheit:Wer passiv spielt, verliert!} e6 ({schlecht, versucht werden sollte wenigstens } 13… Bg4) 14. Qd2 Qe7 15. Bh6 Bxh6 16. Qxh6 Nd7 $6 {Mit einem weiteren passiven Zug verband ich ein Remisangebot, das mein Gegner nach kurzem Nachdenken ablehnte.}
17. Rfd1 Nf6 (17… e5) 18. h3 Kh8 $6 ({Eine bizarre Idee, die mir unter anderen Umständen in einer Position aus der Abtauschvariante des Damengambits gute Dienste geleistet hatte, hier aber einfach zu langsam ist, man schaue sich nur meinen so gut wie nicht entwickelten Damenflügel an.} 18… Rd8 19. e5 Nfd5 20. Ne4 f5 21. Nd6 a5 { sieht zwar auch nicht toll aus, versucht aber wenigstens etwas Spiel zu erhalten.}) 19. e5 Ng8 20. Qe3 {Jetzt droht Weiß mit der Springerwanderung über e4 nach d6, dies erklärt meinen nächsten Zug.} f5
21. exf6 {Stattdessen empfiehlt Fritz 13 die positionelle „Daumenschraubvariante“, die Schwarz gar kein Gegenspiel gewährt:} ({Fritz 13:} 21. Nf4 Qg7 22. Bf3 Ne7 23. Rc2 Ned5 24. Ncxd5 exd5 25. h4 Ne6 26. b4 Nxf4 27. Qxf4 Be6 28. Rc5 Rac8 29. Kg2 b6 30. Rc3 Qe7 {1.65/19}) 21… Nxf6 ({sieht logisch aus, da der Springer hier (vermeintlich) hilft, das Feld d5 zu kontrollieren, besser war} 21… Qxf6) 22. Nf4 $6 ({Auch Andreas macht einen „logischen“ Zug, doch hier hätte der herrliche Durchbruch} 22. d5 $1 Ncxd5 23. Bxd5 Nxd5 24. Nxd5 cxd5 25. Rxd5 { meine Stellung in eine Ruine verwandelt.}) 22… Qd6 (22… Qg7)
23. Ne4 (23. Nd3) 23… Nxe4 24. Bxe4 Nd5 $2 {In dem Moment, wo ich annahm, das Schlimmste überstanden zu haben, schlägt bei Schwarz der Blitz ein! Mit einem Königszug nach g7 oder g8 hätte das Unheil vermieden werden können.}
25. Nxg6+ $3 { Au weia, hier hätte ich bereits aufgeben können.} Kg7 (25… hxg6 26. Qh6+ Kg8 Qxg6+ Kh8 28. Qh7#) 26. Qg5 h6 27. Qe5+ Qxe5 28. dxe5 Rf7 29. a3 Bd7 30. Rd4 {Mit der Idee, zum Königsflügel zu schwenken} Be8 31. Bd3 h5 ({um den Turm nicht nach g4 zu lassen, aber besser ist} 31… Rd7) 32. h4 ({Weiß lässt etwas nach, mit} 32. Nf4 Nxf4 33. gxf4 {bleibt die schwarze Stellung weiterhin trostlos.}) 32… Rf3 $2 ({erneut war} 32… Rd7 {vorzuziehen. Den „trickreichen“ Textzug hatte ich schon seit längerem im Auge, aber…}) 33. Nf4 Nxf4 34. gxf4 Rh3 $2 35. f5 exf5
36. Kg2 {Das nennt man wohl „Trick 17 mit Selbstüberlistung“! Nach dem Qualitätsverlust bedarf es keines weiteren Kommentars, Weiß fährt den Punkt mühelos ein.} Rxd3 37. Rxd3 Rc8 38. f4 c5 39. Kf2 b5 $6 40. Rdc3 Rd8 41. Rxc5 Rd2+ 42. Ke3 Rh2 43. Rc7+ Kh6 44. Rxa7 Rxh4 { Fritz zeigt Matt in 9 an.} 45. Rcc7 Bg6 46. Rc8 Rh3+ 47. Kd4 h4 48. Rh8+
Eine von Andreas vorzüglich, von mir dagegen unterirdisch gespielte Partie. Nach diesem Sieg führt der Niederkasseler nun mit 4 Punkten aus 4 Partien alleine die Tabelle an! 1-0