100 Jahre BSF – 30 Jahre im Verein. Eine kombinatorische Zeitreise mit Frank Lobbes

 

Es ist ein denkwürdiges Gefühl, zum hundertsten Geburtstag unserer Bergischen Schachfreunde mein 30-jähriges Vereinsjubiläum zu feiern. Aufzuzählen, was ich dem Verein zu verdanken habe ist Legion. Zu dem gemeinsamen Leben gehören die kleinen Erfolge am Brett, wie gelungene Kombinationen, sechsstündige Schlachten, dramatische Fehler, Auf- und Abstiege mit den Mannschaften, also die ganze sportliche Palette. Aber auch die traurigen Momente, wie der Verlust wertvoller Menschen wie Münir Aksabun, Georg Paul, Hugo Stock, Manfred Bosbach und viele andere Freunde im Verein.

Manchmal ist Schach eine Nebensache, doch am Brett zählt die Vorbereitung, die Konzentration und gelegentlich ein glücklicher Moment. Da ist in 30 Jahren einiges zusammen gekommen. Die  Fernschachpartien früherer Jahre eingerechnet sind es nun ungefähr 1000 gewertete Partien, aus denen heraus ich Euch ein paar mal mehr, mal weniger knifflige Aufgaben stellen möchte.

Bevor Ihr weiterlest: Ganz großes Dankeschön an alle im Verein, mit Euch sind 30 Jahre einfach viel zu kurz!

Vor (fast) 30 Jahren

Hecht – F. Lobbes, Mannschaftskampf 24.04.1994

 

Weiß holt sich mit 23. Lc4: den Bauern zurück, verliert dadurch aber Haus und Hof. Ihr zeigt mir, warum!

Es folgte 23.- cd5:! 24.Sd5:?? (nach 24.Lb3 de4: 25.De3 sind es „nur“ zwei Minusbauern) 24.- Da1:+ und wenig später 0-1

 

Im gleichen Jahr spielte ich zum zweiten Male bei den Porz Open. Mein Kontrahent hatte um die 250 DWZ-Punkte mehr als ich – hier ein Ansporn für alle, die Favoriten ärgern wollen:

  1. Lobbes – S. Paschmann, Porz Open, 31.07.1994

Mit 18.- La6 und der Idee 19. La6: Sa6:, kein weißes Spiel auf der c-Linie zulassen und bald mit g6-g5 angreifen, hatte mein Gegenüber einen guten Plan.

Welchen guten Zug hatte ich?


Na klar: 19. Tc7!! Danach ging es zügig: 19.- De8 (19.- Dc7: 20. Se6:+ Familienschach, rechnerisch vielleicht das Beste, aber das spielt doch keiner) 20. Se6:+ Kf7 21. Sf8: Ld3: 22. Lb4 (wer den Zug gesehen hat: 10 Punkte extra!) 22.- Sc6 23. Le7: Se7: 24. Sg6:! (typisch Lobbes, kriegt den Hals nicht voll) 24.- Kg6: 25. Dd3: und 1-0

 

Vor 28 Jahren – der erste Hammer

Jung und wild und einige Kölsch (so viel Ehrlichkeit muss sein!), so war die Partie, die mir zum ersten Mal den Preis für die beste Partie bei der Stadtmeisterschaft von Bergisch Gladbach eingebracht hat. Nochmal „Danke“ an Oswald Gutt, der mir verriet: Mein Gegenüber spielt positionell und indische Systeme. Also spielte ich Holländisch mit kombinatorisch offenem Visier:

Helmut Effertz – Frank Lobbes, 17 Offene Stadtmeisterschaft, 15.09.1995

Mit 27. Th2-h3 hat mein starker Kontrahent (fast 2000 DWZ) guten Vorteil. Aber mit einem Blitz aus heiterem Himmel kommt Weiß komplett aus dem Konzept. Wer das Buch „Schach für Tiger“ gelesen hat, kommt auf die Lösung!

27.- Ld2! Das Ausrufezeichen steht dafür, dass eingefleischte Positionsspieler hier den Faden völlig verlieren können. Genau das ist passiert: 28. Lg6:? Kg6: 29. Th5:? Le1: 30. Th6+ Kg5 31. T6h5+ Kf4 (Wandertag) 32. g5 Tg7 33. g6?? Tg6:+ 34. Kf1 Lf2: (Kommentar Oswald Gutt: „Er hat’s ja“) 35. Kf2: Ke4+ 36. Ke1 Kd4: 37. T1h4+ Kc5 38. Th7 Lc8 39. b4+ Kb6 40. a4 a5 41. c5+ Ka6 0-1

 

Vor 25 Jahren

Lieber Hugo Stock, von Dir habe ich ganz viel Zurückhaltung und Freundlichkeit gelernt. Du hast Dich viel zu früh in den Schachhimmel verabschiedet. Da tut es mir ein wenig Leid, dass Du Leidtragender dieser Kombination warst.

 

  1. Lobbes – H. Stock, Vereinsmeisterschaft B-Klasse, 16.01.1998

Hugo spielte 15.- h6? und bekam den großen Dosenöffner präsentiert. Mit welchem Zug?

 

  1. Se4:! macht das Läuferpaar zum entscheidenden Faktor. 16.- fe4: (?, aber: 16.- Sb4 17.Lb1 ist auch hoffnungslos) 17. Dg4+ Kf7 18. De6#

 

Vor 21 Jahren

Mein guter Oswald, Du darfst nicht fehlen! Und es ist eine Ehre, Dich mit einer Partie einzubringen, die Du dann doch gewonnen hast:

Oswald spielte 9. – b7-b5. Wie habe ich seinen Blutdruck gesteigert?

 

Mit 10. Lb5:! Und nach 10.- cb5: 11. Sb5: Da4 12. Sc7+  Kf8 13. Sa8: Da6 14. Da5 f6 hätte ich mit 15. Sc7 den Punkt einfahren können. Leider spielte ich 15. Dd8+ und nach 15.- Kf7 16. Sc7? Sh6 17. d5 Dc2:  gab ich vernünftigerweise auf.

 

Vor 15 Jahren

Mannschaftsstichkampf. Das Wort klingt nach Problemen. Meines war, dass mein Navigationsgerät zu doof war, den richtigen Weg zu finden. Ich war fast eine Stunde zu spät. Andreas Dreiocker hatte das Problem, einen schlechten Tag erwischt zu haben. Sein Kommentar nach dem gewonnen Stichkampf: „Das einzig Gute war, dass ich im richtigen Moment draußen war und Frank den Weg ins Spiellokal zeigen konnte“.

Warum, zeigt sich nach Sf4

Lobbes – Jopek, KSV Stichkampf Brühl, 18.05.2008

46- h4+! Kg4 47. b5 Kf3 48. Tc3+ Ke4 49. Tb4+ 1-0 und Aufstieg!

 

 

 

Vor 10 Jahren

Für die Mannschaft zu punkten ist immer schöner als für mich alleine, finde ich. Und wenn das mit einem klassischen Motiv gelingt… diesmal ist es nicht ganz so schwer:

  1. Lobbes – H.-G. Ries, Mannschaftskampf in Bergisch Gladbach, 17.02.2013

Wie wird nach 31. – Dd8-c7 wird aus einem Vorteil ein Punkt?

 

 

32. e5!(Abzugsangriff) 32. – Se7 33. ed6: Sd6: 34. Td6: Lb7 35. Te6: und nach wenigen Zügen 1-0.

 

 

 

Vor nicht ganz zehn Jahren

Ich hatte schlecht gespielt, die Mannschaft ging unter, und plötzlich konnte ich nach dem Fehler 40. Tf4-f3 mit meiner Dame den Springer d4 schlagen. Dann ist es wahrscheinlich Remis. Das hatten auch alle gesehen, die um das Brett standen. Warum hatte ich als Einziger nicht daran gedacht?

 

Ich hatte nur 40. – Da1! im Sinn, was zwingend gewinnt: 41. Tf5 Dg1+ 42. Kf3 De3+ 43. Kg4 De4:+ 44. Tf4 Th4+ 45. Dh4: Df4:+ und 0-1, einen Zug vor dem Matt.

 

 

 

Vor 5 Jahren

…habe ich nur eine Partie im Dezember 2018 gespielt. Nach dem Tod meines Vaters war ich ein Jahr lang innerlich nicht in der Lage, mich ans Schachbrett zu setzen.

Vor 4 Jahren

Das kleine kombinatorische Comeback: Wieso ist 27. – f7-f5 der letzte Zug von Schwarz?

 

  1. Lobbes – I. Rücker, Mannschaftskampf in Bergisch Gladbach, 10.03.2019

Stellung vor f7-f5:

 

Weil nach 27.- f5 28. Dd8+ (Kreuzfesselung) das Weiterspielen Schwarz keinen Spaß machte.

 

 

 

 

Neulich…

Lieber Stephan Roder, Danke für das Durchhalten bis halb eins morgens! Der Job als Turnierleiter kann nicht besser besetzt sein. Und so warst Du der einzige Kiebitz bei folgendem Endspiel.

Mit welchem Zug kommt Weiß nach einer hin und her schwankenden Partie mit einem halben Punkt nach Hause?

  1. Türkkan – F. Lobbes, BSF-Vereinsmeisterschaft (Meisterklasse), 24.03.2023

 

Nur mit 78. Te2:! Danach kann ich den weißen Bauern nur gegen meinen Turm tauschen und das Brett ist leer. Nuh hatte das gesehen, spielte aber 78. g5?? Nach 78. – Te3! ist die nächtliche Schlacht entschieden. Es folgte 79. Td6+ Kc2 80. Tc6+ Kd3 81. Tc1 Tf3+ 82. Ke6 Tf1 83 Tf1: ef1:D 84. g6 Df8 0-1.

 

 

Es ist nach 30 Jahren lange nicht vorbei. Vielleicht gelingt bald wieder eine „petit combination“.